Was ist Narzissmus
Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung liegt vor, wenn Menschen ein bestimmtes Muster im Verhalten, Denken und Emotionen zeigen, die erheblich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung bzw. deren Normen abweichen.
Nach dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-IV) müssen mindestens fünf der folgenden Symptome für die Diagnose der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung vorliegen:
- übertriebenes Gefühl der eigenen Wichtigkeit
- Phantasien von grenzenlosem Erfolg, Macht, Schönheit oder idealer Liebe
- der Glaube, besonders und einzigartig zu sein und nur von besonderen oder angesehenen Personen verstanden zu werden
- Erwartung, von anderen übermäßig bewundert zu werden
- Erwartung einer bevorzugten Behandlung durch andere und automatisches Eingehen auf eigene Bedürfnisse
- das Ausnutzen von anderen, um eigene Ziele zu erreichen
- fehlende Empathie bzw. Unwillen, sich in andere Menschen hinein zu versetzen
- Empfindung von Neid auf andere oder dem Glauben, dass andere neidisch seien
- arrogantes und überhebliches Verhalten
Laut einer Studie von Russ und Kollegen (2008) können Menschen mit ausgeprägten narzisstischen Strukturen in 3 Gruppen eingeteilt werden:
- grandios-maligne Narzissmus
- vulnerabel-fragile Narzissmus
- exhibitionistischer Narzissmus mit hohem Funktionsniveau
Besonders schwer zu erkennen ist der vulnerabel-fragile Narzissmus. Hier wird oft erst nach Hilfe gesucht, wenn man schon tief in der toxischen Beziehung feststeckt.
In Beziehung mit Narzissten
Es spielt keine Rolle, ob Menschen, die uns nicht gut tun, alle Kriterien für die Diagnose einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung erfüllen. Vielmehr geht es um narzisstische Verhaltensweisen, unter denen Menschen, die in partnerschaftlicher, beruflicher, familiärer und/oder freundschaftlicher Beziehung mit Personen, die narzisstische Persönlichkeitsstrukturen aufweisen, leiden und mitunter nachhaltig psychisch erkranken.
Insbesondere sollten die Alarmglocken läuten wenn ihr Partner/Ihre Partnerin Sie
- systematisch kränkt, (vor anderen) klein macht
- sie häufig kritisiert und Ihnen das Gefühl gibt, nicht gut genug zu sein, nie etwas richtig machen zu können
- für jeden Konflikt verantwortlich macht, keine Fehler zugeben kann sich nicht oder nur indirekt entschuldigen kann
- unbegründet mit chronischer Eifersucht und Misstrauen konfrontiert
- von Ihnen wichtigen Personen isoliert indem schlecht über diese geredet wird / sich in abfälliger Weise über diese geäußert wird
- mit Liebesentzug / Ghosting bestraft, wenn Sie sich nicht so verhalten, wie Ihr Partner/Ihre Partnerin dies von Ihnen verlangt
- mittels Gaslighting dazu bringt, an Ihrer Wahrnehmung / Ihrem Verstand zu zweifeln
- in eine Zustand versetzt, der von chronischen Schuldgefühlen, Ängsten und Depression gekennzeichnet ist
- dazu bringt sich so automatisch so zu verhalten, um diesen nicht zu verärgern, da Sie Angst vor seinen / ihren Wutausbrüchen haben
- psychischer und/oder physischer Gewalt aussetzt
- im Stich lässt, wenn es Ihnen schlecht geht bzw. Sie um Unterstützung bitten, obwohl er/sie Ihnen immer wieder versichert hat, dass er/sie alles für Sie tun würde und Sie immer auf ihn/sie zählen können
- u.v.m.
Auswirkung toxischer Beziehungen
Die Auswirkungen toxischer Beziehung können von akuten, vorübergehenden Belastungsreaktionen, affektiven Folgestörungen (Angst / Panik / Depression) bis zu (komplexen) Posttraumatischen Belastungsstörungen reichen.
Entscheidende Einflussfaktoren sind Dauer der Beziehung, bisherige Beziehungserfahrungen, Persönlichkeit bzw. Ausprägung von Resilienz der PartnerInnen von Menschen mit narzisstischer Akzentuierung oder Störung, das Ausmaß der erlebten psychischen / physischen Gewalt in der Beziehung, dem Alter der Beteiligten, der Beziehungsart, ob es gemeinsame Kinder gibt, ein stabiles soziales Netzwerk vorhanden ist, etc.
Zögern Sie nicht, sich Hilfe zu holen, wenn Sie das Gefühl haben, in Ihrer Partnerschaft zu leiden und es Ihnen dennoch beinahe unmöglich erscheint, sich aus einer toxischen Beziehung zu lösen.
Sie sind nicht allein und so gut wie jeder von uns hat seine Erfahrungen mit toxischen Partnern gemacht. Wichtig ist, zu realisieren, dass Sie sich jeden Tag dafür entscheiden können, Ihre Situation zu ändern.
Natürlich ist es nicht unmöglich, in einer Beziehung mit einem Menschen mit narzisstischer Ausprägung glücklich zu sein. Wichtig ist hier jedoch, die eigene und vor allem die Struktur der narzisstisch geprägten Erlebnis- und Gefühlswelt zu begreifen und die eigene Erwartungshaltung entsprechend zu adaptieren.
In diesem Zusammenhang ist auch die Selbstreflexion in Richtung eventuell vorhandener Ausprägung von sog. Co-Narzisstischen Strukturen hilfreich und führt zu so manchem "Aha-Erlebnis". In Abhängigkeit davon, was Sie sich von Ihrem Beziehungspartner / Ihrer Beziehungspartnerin erwarten, wird Ihre Beziehung für Sie als glücklich / befriedigend oder unglücklich / unbefriedigend erlebt werden.